Die Produktion von Wegwerfverpackungen für den Außer-Haus-Konsum von Essen in Deutschland belastet das Klima jährlich mit über 400.000 Tonnen CO2. Dem möchte das Kölner Unternehmen Vytal etwas entgegensetzen. Vier Jahre nach der Gründung setzen bereits 6.500 Partnerinnen und Partner aus der Gastronomie und 450.000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer auf das pfandfreie Mehrwegsystem von Vytal. Das reduziert erheblich den Ressourcenverbrauch.
Erfolgsgeschichten aus NRW
VYTAL Global – Ressourcen schonen beim Außer-Haus-Verzehr
Die Herausforderung
Stunde für Stunde verbrauchen Menschen in Deutschland mehr als eine halbe Million Essensboxen, Menüschalen und Pizzakartons beim Außer-Haus-Konsum von Essen. Nach Auskunft der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die sich dabei auf Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung bezieht, werden für die Produktion dieser Verpackungen pro Jahr mehr als 20.000 Tonnen Kunststoffe, über 6.000 Tonnen Aluminium und fast 93.000 Tonnen Pappe verwendet, und zwar vorwiegend Neumaterial. Und noch eine Zahl: Für die Produktion dieser Wegwerfverpackungen wird das Klima laut DUH jährlich mit 416.000 Tonnen CO2 belastet. „Das ist eine riesige Ressourcenverschwendung“, findet Dr. Tim Breker. Er weiß das aus eigener Anschauung, denn als der promovierte Psychologe noch in einer Unternehmensberatung arbeitete, ärgerte er sich in den Mittagspausen stets über die Einwegverpackungen, in denen man in der Regel Essen bekam. Das ging seinen Kollegen Sven Witthoeft und Dr. Fabian Barthel genauso. Also verließen die drei ihre gut bezahlten Jobs und gründeten in Köln ein eigenes Unternehmen: die VYTAL Global GmbH. Die Geschäftsidee: ein pfandfreies Mehrwegsystem für Außer-Haus-Essen und Getränke. „Wir wollen Einweg ersetzen und Mehrweg zum Standard für To-go-Konsum und Lieferessen machen“, bringt Breker den Anspruch der drei Gründer auf den Punkt.
Dr. Tim Breker, CEO Vytal
“Für die Vytal-Standardschale ist ab der zehnten Nutzung die Ökobilanz eines Mehrwegbehälters besser als die des vergleichbaren Einwegbehälters”
Die Innovation
Am Anfang wurde kräftig improvisiert. Die Nachwuchsunternehmer erwarben in einem Kaufhaus Mehrweg-Behälter und gingen damit in lokale Gastronomiebetriebe in Köln, um diese von dem Mehrweggedanken zu überzeugen. Ein System steckte zunächst noch nicht dahinter. Das änderte sich rasch, denn sie erhielten viel positives Feedback, wie Breker berichtet. Das System, das er und seine Mitgründer entwickelten, erinnert an Bibliotheken: In einer eigens entwickelten App hinterlegen Interessierte einmalig ihre Daten als Sicherheit und können dann bei allen beteiligten Gastronomiebetrieben die Vytal-Behälter nutzen, ohne dafür Pfand zu bezahlen. Sie leihen die Behälter quasi aus und müssen sie erst nach maximal 14 Tagen zurückgeben. Das wiederum geht bei allen Partnerinnen und Partnern, man muss also nicht zu dem Betrieb gehen, bei dem man zuletzt etwas zu essen oder trinken gekauft hat. Jeder Behälter verfügt über einen individuellen QR-Code, der in der jeweiligen Ausgabe- und Rücknahmestelle gescannt wird. Zum Einsatz kommen inzwischen rund 20 unterschiedliche Vytal-Behälter, darunter auch Eigenentwicklungen. Außerdem lässt Vytal auf Wunsch einzelner Gastrobetriebe auch Behälter nach deren individuellen Wünschen herstellen. Der Effekt: „Für die Vytal-Standardschale ist ab der zehnten Nutzung die Ökobilanz eines Mehrwegbehälters besser als die des vergleichbaren Einwegbehälters“, erläutert Breker und ergänzt: „Unsere Behälter können in der Regel über 200 Mal eingesetzt werden.“ In den vier Jahren seit der Gründung 2019 konnte Vytal mehr als 6.500 Partnerinnen und Partnern aus der Gastronomie für das Mehrwegsystem gewinnen. Nicht nur in Deutschland, sondern in inzwischen zehn weiteren Ländern. Bis Ende April 2023 hatten sich über 450.000 Nutzerinnen und Nutzer registriert.
Der NRW-Effekt
Breker und sein Mitgründer Sven Witthoeft sind Kölner, da lag es nahe, dort auch das Unternehmen zu gründen. Trotzdem gab es zuerst die Idee, in London zu beginnen. „Dort ist das Verpackungsmüllproblem noch viel größer als bei uns“, erzählt Breker. Sie entschieden sich trotzdem für Köln und NRW. „Einfach weil es leichter war, dort zu starten, wo das Thema Mehrweg schon besser in den Köpfen der Menschen verankert ist.“ In Köln und auch Düsseldorf zeigten sich zudem sehr schnell viele Gastronomiebetriebe offen für das Vytal-Konzept. „Außerdem sitzen hier viele Handelskonzerne, die beispielsweise mit den Salattheken in zahlreichen Supermarkt-Filialen eine wichtige Rolle für uns spielen“, erklärt Breker. Doch die Gründer profitierten noch in anderer Hinsicht vom Standort NRW. Sie starteten 2019 zunächst mit Eigenmitteln, doch die waren rasch aufgebraucht. Mit dem Gründungsstipendium NRW, das zwei von ihnen erhielten, und dem EXIST-Gründerstipendium, das sie über das Gateway-Exzellenz-Start-up-Center der Universität zu Köln bekamen, konnten sie die Unternehmensentwicklung vorantreiben. Später fanden sie, auch in NRW, Business-Angels und weitere Investorinnen und Investoren. Und nicht zuletzt als Fachkräftebasis spielt NRW eine wichtige Rolle für Vytal. „NRW bietet guten Zugang zu Talenten“, sagt Breker. Sein Unternehmen zählt inzwischen 70 Beschäftigte.
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