Unternehmen wie ZINQ aus Gelsenkirchen mit 50 Standorten weltweit verbrauchen sehr viel Energie und Rohstoffe. Doch gerade ZINQ ist auch ein gutes Beispiel für Schubumkehr durch Innovation: Mit voller Kraft ist das Familienunternehmen unterwegs zu einem rundum nachhaltigen, kreislaufwirtschaftlichen, klimapositiven Geschäftsmodell
Erfolgsgeschichten aus NRW
ZINQ GmbH Co. KG – Weg von Gas und Primärrohstoffen
Die Herausforderung
Stahl muss vor Korrosion geschützt werden – von der kleinen Schraube bis zur großen Stahlkonstruktion. Das mittelständische Familienunternehmen ZINQ aus Gelsenkirchen, 1889 gegründet, hat sich auf das Feuerverzinken und Beschichten von Stahl spezialisiert. ZINQ hat sich im Laufe der Jahrzehnte nach eigenen Angaben zu Europas größtem Unternehmen für stückverzinkte Oberflächen auf Stahl entwickelt. Ein paar Zahlen: 50 Standorte in fünf Ländern, 2.000 Beschäftigte, davon 80 Auszubildende, über 300 Millionen Euro Jahresumsatz – und mehr als 650.000 Tonnen Stahl, die von dem Unternehmen jährlich mit einer schützenden Oberfläche versehen werden. Dafür ist enorm viel Energie erforderlich.
Im Gelsenkirchener Stadthafen betreibt ZINQ zum Beispiel eine besonders große Anlage. In einem 17 Meter langen Tauchbecken werden dort bei über 450 Grad Betriebstemperatur unter anderem Konstruktionsteile für Stahlbauten oder Lkw-Anhänger verzinkt. „Pro Jahr benötigen wir an allen unseren Produktionsstandorten mehr als 100 Millionen Kilowattstunden Erdgas“, sagt Lars Baumgürtel, geschäftsführender Gesellschafter der ZINQ-Gruppe. Andererseits sorgt eine hochwertige Verzinkung für besondere Langlebigkeit des Stahls. Im Sinne der Nachhaltigkeit muss und will sich das Unternehmen deshalb immer wieder transformieren: weniger Energie, andere Energie, noch längere Lebenszyklen der Materialien, möglichst 100-prozentiges Recycling – das sind nur einige Stichworte.
Lars Baumgürtel, CEO ZINQ
“Die zirkuläre Transformation ist notwendig, aber birgt auch enorme Chancen für die Unternehmen in NRW”
Die Innovation
„Als verantwortliches Familienunternehmen denken wir schon lange sehr ernsthaft darüber nach, wie wir zukunftsfähig und generationengerecht produzieren können“, erklärt Lars Baumgürtel. Dazu hat sich sein Unternehmen drei ehrgeizige Ziele auf Grundlage des EU-Green-Deals gesetzt: „Zero carbon, zero waste, zero pollution“, fasst Baumgürtel zusammen. „Der größte Hebel für Klimaschutz liegt in der Umstellung auf eine zirkuläre Wirtschaftsweise“, ist der Unternehmer überzeugt. Deshalb setzt das Unternehmen alles daran, eine echte Kreislaufwirtschaft zu erreichen, denn allein dadurch lassen sich laut Baumgürtel bis zu 40 Prozent der Treibhausgasemissionen einsparen. Erster Schritt war von 2010 bis 2013 die sogenannte „Cradle-to-Cradle“-Zertifizierung. Übersetzt: von der Wiege zur Wiege. Dabei geht es darum, Materialien so einzusetzen, dass sie vollständig wiederverwertet werden, also kein Abfall entsteht. 90 Prozent des Umsatzes sind inzwischen zertifiziert.
Im zweiten Schritt begann ZINQ mit der Dekarbonisierung seiner Produktion und startete 2016 ein erstes Projekt zur Nutzung von grünem Wasserstoff – mit der Perspektive, eines Tages das für die Erzeugung der Prozesswärme nötige Erdgas vollständig zu ersetzen. Im dritten Schritt rief ZINQ zwei Initiativen am Standort Gelsenkirchen ins Leben, um gemeinsam mit Partnern aus der Industrie in weit größerem Maßstab die notwendige Transformation vorantreiben zu können. Außerdem setzt ZINQ auf Ressourcenschonung. So konnte das Unternehmen dank intensiver Forschung und Entwicklung im eigenen Haus die Menge des eingesetzten Zinks bei gleichbleibendem Korrosionsniveau um 80 Prozent senken. „‚microZINQ‘ zeigt, dass durch Innovation Nachhaltigkeit möglich ist“, betont Baumgürtel und verweist stolz auf die Auszeichnung mit dem Deutschen Rohstoff-Effizienzpreis. Positiver Nebeneffekt: Weniger Materialeinsatz macht das Unternehmen auch weniger anfällig für steigende Rohstoffpreise und Versorgungsengpässe. Am Ende möchte das Unternehmen überhaupt kein Primärzink mehr einsetzen, sondern nur noch recyceltes Zink aus geschlossenen Stoffkreisläufen. Ein solches zirkuläres Geschäftsmodell umzusetzen ist allerdings nur gemeinsam mit der gesamten Lieferkette – vom Lieferantinnen und Lieferanten bis zum Endkundinnen und Endkunden – möglich.
Der NRW-Effekt
Auf dem Weg zum rundum zirkulären Unternehmen spielt der Heimatstandort des traditionsreichen Mittelständlers eine sehr wichtige Rolle. Den nicht ganz einfachen Weg zur Ablösung von Erdgas durch grün erzeugten Wasserstoff beispielsweise könnte ZINQ kaum alleine gehen, im Gesamtmaßstab ist der Verbrauch dafür zu klein. Deshalb hat das Unternehmen das Projekt „Klimahafen Gelsenkirchen“ massiv mit vorangetrieben. „Wir konnten inzwischen schon über 20 Partner finden, die ebenfalls Wasserstoff für die Erzeugung von Prozesswärme einsetzen wollen“, berichtet Baumgürtel. „Unser Gesamtbedarf liegt zusammengerechnet bei 15.000 Tonnen jährlich – damit kommen Sie auf die Landkarte und werden ernstgenommen.“
Zudem nimmt das Familienunternehmen an dem vom NRW-Wirtschaftsministerium geförderten Projekt „prosperkolleg“ teil. Es hat die Aufgabe, die Transformation hin zur zirkulären Wertschöpfung in der Region zu erforschen und parallel zur Umsetzung anzuregen. Die Projektleitung liegt bei der Hochschule Ruhr West. „Die zirkuläre Transformation ist notwendig, aber birgt auch enorme Chancen für die Unternehmen in NRW“, sagt Baumgürtel, „ich bin deshalb froh, dass in den Projekten so viele Unternehmen und andere Akteure ernsthaft mitmachen und ihr Wissen teilen. Das bringt uns alle voran!“
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Hintergrund der Publikationsreihe
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