Häufig werden die Batterien in Elektrofahrzeugen nach drei, vier Jahren ausgetauscht. Obwohl sie noch über beträchtliche Kapazitäten verfügen, werden sie vorzeitig recycelt – und teilweise entsorgt. Dass es auch anders geht, beweist das innovative Start-up Voltfang aus Aachen. Das Unternehmen gibt den Batterien ein zweites Leben und verbessert damit wesentlich ihre Ökobilanz.
Erfolgsgeschichten aus NRW
Voltfang GmbH – Ein zweites Leben für Elektrofahrzeugbatterien
Die Herausforderung
Die Elektromobilität boomt. Laut statista wurden 2021 in Deutschland rund 356.000 Pkws mit reinem Elektroantrieb zugelassen, mehr als je zuvor. Auch in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 konnten reine E-Autos bei den Zulassungen kräftig zulegen. Hinzu kommen zahlreiche Plug-in-Hybride. Alle diese Fahrzeuge sind mit Batterien unterwegs. Das Problem: die negative Ökobilanz bei der Herstellung. Verbessern würde sich die Bilanz nur, wenn eine Batterie so lange wie möglich genutzt würde. Viele Automobilunternehmen tauschen diese aber schon nach wenigen Jahren aus, weil die Restkapazität mit den Jahren nachlässt. „Es sind enorm viele gebrauchte E-Fahrzeug-Batterien auf dem Markt, die in Pkws nicht mehr eingesetzt werden, aber noch funktionsfähig sind“, weiß Roman Alberti. Lange Zeit habe es dafür keine Abnehmer:innen gegeben, also seien sie teils recycelt worden – und teils entsorgt. „Klimaschutz und Ressourceneffizienz sehen anders aus“, findet der Maschinenbau-Ingenieur aus Aachen.
Sein Ansatz – und der von Afshin Doostdar und David Oudsandji: ein „Second Life für Elektrofahrzeugbatterien“. So lautete der Titel ihrer gemeinsamen Masterarbeit an der RWTH Aachen. Und so lautet ihre Geschäftsidee, mit der sich die drei Aachener 2019 selbstständig machten.
Alberti R., CEO Voltfang
“Unsere Kunden sparen Energiekosten und leisten durch Nutzung von Second-Life-Batterien einen erheblichen Beitrag zur Ressourcenschonung und damit zum Umwelt und Klimaschutz”
Die Innovation
„Voltfang“ heißt ihr Start-up, und der Firmenname ist durchaus wörtlich zu verstehen: Die drei Unternehmer und ihre inzwischen drei Dutzend Beschäftigten sind angetreten, um so viel Volt wie möglich aufzufangen, sprich: das Leben von Elektrofahrzeugbatterien nicht vorzeitig enden zu lassen, sondern die meist enorme Restkapazität noch über viele Jahre weiter zu nutzen, nur eben für andere Zwecke.
Dazu kauft Voltfang gebrauchte Batterie-Packs von Automobilunternehmen, beispielsweise Mercedes, Volvo und e.GO. Diese müssen noch über mindestens 85 Prozent Restkapazität verfügen. Zuerst werden sie aufwändigen Testverfahren unterzogen. „Das ist fundamental für unser Geschäftsmodell, deshalb stecken wir sehr viel Ingenieurleistung in das Testen“, betont Alberti. Mit diesen gebrauchten, aber noch einwandfrei funktionierenden Batterie-Packs baut Voltfang dann nach individueller Anforderungen der Kundinnen und Kunden Energiespeicher, die so optimiert sind, dass sie die maximale Lebensdauer aus jeder einzelnen Batterie herausholen. Zum Einsatz kommen diese Speicher vor allem bei Unternehmen, die auf den Dächern ihrer Büros oder Hallen Photovoltaik-Anlagen betreiben und die erzeugte Energie auch dann selbst nutzen wollen, wenn die Sonne nicht scheint.
Referenzobjekte sind eine Aldi-Nord-Filiale in Gütersloh und ein Hotel im niedersächsischen Steimbke. „Unsere Kunden sparen Energiekosten und leisten durch Nutzung von Second-Life-Batterien einen erheblichen Beitrag zur Ressourcenschonung und damit zum Umwelt- und Klimaschutz“, fasst Alberti die Vorteile zusammen.
Der NRW-Effekt
Ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine nachhaltige Gründung ist der Standort. Im Fall von Voltfang sind die Verbindungen zu NRW und vor allem Aachen besonders eng, denn das Start-up ist ein Spin-off der RWTH Aachen. So konnte Voltfang den „Spinoff Award“ der RWTH gewinnen, eine offizielle Auszeichnung für herausragende Ausgründungen aus der renommierten Hochschule. „Wir sind unserer Hochschule auch weiterhin eng verbunden“, sagt Alberti und nennt als Beispiel das „Incubation Program“ der RWTH, an dem Voltfang ebenfalls teilnahm. „Die Hochschule pusht uns enorm“, lobt Alberti, „und gleichzeitig stellt sie, wie auch die anderen Hochschulen in der Region, ein enormes Fachkräftereservoir dar.“ Die Voltfang-Büros sind nur 100 Meter von der RWTH entfernt. „Wir haben regelmäßig Praktikanten und wissenschaftliche Hilfskräfte“, berichtet Alberti, „und kooperieren auch mit einem Kurs im Hauptstudium.“
Unterstützung fanden die Gründer beim digitalHUB Aachen. Zudem profitierte Voltfang neben Bundes- und Europamitteln sowie privatem Venture Capital von Landesförderung, nämlich vom Gründerstipendium NRW. „NRW ist überhaupt ein gutes Stichwort“, sagt Alberti. Nicht nur wegen der ausgeprägten Förderlandschaft, zu der beispielsweise auch das „Sonderprogramm Umweltwirtschaft“ des NRW-Umweltministeriums gehört, aus dem Voltfang ebenfalls Mittel erhalten hat. „Sondern auch, weil es ein exzellenter Wirtschaftsstandort mit unzähligen Mittelständlern ist, die derzeit ja praktisch alle in einem Transformationsprozess stecken“, erklärt der Voltfang-Geschäftsführer. „Somit ist NRW auch ein riesiger Markt für uns.
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